Berechnung von Antennenstandrohren

Stand Aug. 2011 | Autor: Detlef Schmegel

 zurück

Praxisbeispiel

Als Mastmaterial steht ein verzinktes Präzisionsstahlrohr nach DIN 2393 mit dem Außendurchmesser von 45 mm und einer Wandstärke von 2,5 mm zur Verfügung.
Die Yagi-Antenne mit der Windlast von 180 N soll selbstredend so weit wie möglich über das Dach ragen.

Gegeben:
Rohr: D = 45 mm, ws = 2,5 mm, l = 6 m, Stahl St37-2 (DIN 2391)
VHF-Yagi- Antenne, Windlast Wa = 180 N, gewünschte Antennenhöhe über dem oberen Einspannpunkt l = 5 m.
Gesucht:
maximal mögliche Antennenhöhe.


Berechnung der Biegespannung


Beim Rechnen hilft wieder das Excel- Arbeitsblatt   Rohrberechnung.xls.
Unter Berücksichtigung der Windlast von 180 Nm und einer freien Länge von 5 m errechnet sich gemäß Tabelle 3 ein Biegemoment von 900 Nm.
Mit dem Widerstandsmoment von 3360 mm3 ergibt sich nach Gleichung (2) eine mechanische Spannung s = 268 N/mm2.
Die Frage nach der wirklich auftretenden Spannung im Einspannpunkt des Mastes infolge der Windlast auf die Antenne ist nun geklärt. Der Mast wird mit einer mechanischen Spannung von etwa 268 N/mm2 belastet.
Damit kommt automatisch die nächste Frage: Welche Spannung hält das Material des verwendeten Rohres, nämlich Stahl St37-2, überhaupt aus?

Zulässige Spannung


Der Stahl mit der alten Bezeichnung St 37 reißt bei einer Spannung von etwa 37 kp/ mm2, bzw. SI-gerecht 363 N/mm2, auseinander.
Da es nicht dazu kommen soll, nützt diese Angabe wenig. Ein besserer Rechenwert ist die Spannung an der Streckgrenze. Das ist die Spannung, bei der das Material nach maximaler Belastung immer wieder elastisch in den Ausgangspunkt zurückkehrt, ohne sich in größerem Maß dauerhaft zu verformen.
In unserem Fall kann unter folgenden Bedingungen mit der Spannung Rp0,2 und einer geringen Sicherheit von v = 1,11 gerechnet werden.

a) Die Einspannlänge des Spannrohres muss mindestens 1/6 der Gesamtlänge betragen.
b) Die freie Höhe des Standrohres beträgt maximal 6 m.
c) Das Biegemoment im Einspannpunkt beträgt maximal 1650 Nm

Rp0,2 ist die Spannung, bei der eine bleibende Längenänderung des belasteten Materials von 0,2% zur ursprünglichen Länge zugelassen wird.
Die Streckgrenze Rp0,2 für Stahl St37-2 liegt gemäß Tabelle 4 bei einer Spannung von 240 N/mm2. Wegen der geforderten Sicherheit von v = 1,11 muss die zulässige Spannung durch diesen Wert geteilt werden und verringert sich dadurch auf szul = 218 N/mm2.
Jetzt ist der zulässige Maximalwert bekannt und wir blicken zurück auf die tatsächlich auftretende Spannung.

Tabelle4

Auswertung


Da der tatsächliche Wert von 268 N/mm2 bei 5 m Antennenhöhe um einiges über dem zulässigen von 218 N/mm2 liegt, hilft eine Verringerung der Mast- und Antennenhöhe, auch wenn es schwer fällt.
Eine Alternative ist natürlich ein dickeres Rohr, aber dazu kommen wir später.
Wenn in Tabelle 3 der Excel-Datei eine Antennenhöhe bzw. freie Rohrlänge von 4 m eingesetzt wird, errechnet sich am Einspannpunkt eine Spannung von 214 N/mm2 , die kleiner ist als die zulässige Spannung von 218 N/mm2 , die die Bedingung gerade so erfüllt und wir können uns eigentlich zufrieden zurücklehnen.
Eine Yagi-Antenne, die sich 4 m über dem Dach befindet, ist schon recht brauchbar.
Beim Zurücklehnen kommt plötzlich der Gedanke, dass ja auch das Rohr selbst vom Wind bedrängt wird und ebenfalls einen zusätzlichen Beitrag zur Biegespannung erzeugt. Die Windlast des Standrohres selbst kann also nicht vernachlässigt werden und wir werden sehen, dass dieser Anteil nicht unbedeutend ist.

Zusätzliches Biegemoment durch Windwirkung auf das Rohr


Zunächst werden die Kräfte berechnet, die auf das Rohr wirken. Dabei hilft der Wert des Staudrucks.
Dieser wird angegeben als die maximale Windkraft, die auf eine Fläche von einem Quadratmeter wirkt.
Bild5
Wenn sich unsere Antennenanlage auf einem Gebäude unter 20 m über Grund befindet, rechnet man mit einem Staudruck q = 800 N/m2. Ein Orkan von 130 km/h drückt dann also mit rund 80 kp auf ein Blech von einem Quadratmeter Fläche.
Ist das Gebäude höher als 20 m, so muss man mit einem Staudruck von 1100 N/m2 rechnen. Das entspricht einem Orkan mit 150 km/h.
Da wir es aber nicht mit einem Blech, sondern mit einem Rohr zu tun haben, wird die Windangriffsfläche aus Rohrdurchmesser D mal der freien, im Wind stehenden Rohrlänge l bestimmt. Die Strömungseigenschaften eines Rohres werden durch den dimensionslosen Beiwert c = 1,2 berücksichtigt.
Die Windlast des Rohres Wr ergibt sich somit als Formel 3 Wie aus Tabelle 5 hervorgeht, errechnet sich bei dem gewählten Rohr von 45 mm Außendurchmesser und einer freien Länge von 4 m unter der Bedingung, dass die Gebäudehöhe unter 20 m liegt, eine Windlast von 173 N.
Tabelle 5
Jetzt stellt sich die Frage, welches Moment sich daraus ergibt, denn der Wind drückt ja mit 173 N auf die gesamte Rohrlänge, auch auf den Bereich über dem Einspannpunkt, wo die Wirkung gegen Null geht. Das Biegemoment des Rohres berechnet sich aus Windlast mal der halben freie Rohrlänge (4) und kann ebenfalls der Tabelle 5 entnommen werden.
Formel 4
Der auf diese Weise errechnete Wert von 346 Nm muss nun zu dem Moment, welches durch den Staudruck der Antenne erzeugt wird, hinzuaddiert werden. Die Addition der Biegemomente geht aus Tabelle 6 hervor.
Bild 5 veranschaulicht die Situation.

Auswertung


Durch Einbeziehung des zusätzlichen Rohrbiegemoments erhöht sich das Gesamtbiegemoment auf 1066 Nm und die Gesamtbiegespannung auf 317 N/mm2. Diese liegt nun wieder ein ganzes Stück über der zulässigen Spannung von 218 N/mm2. Das ruft wieder nach Rohrverkürzung und es muss ein weiterer Meter geopfert werden. Wird in Tabelle 2 und 3 eine freie Rohrlänge von 3 m eingesetzt errechnet sich in Tabelle 6 eine Gesamtbiegespannung von 218 N/mm2. Das geht gerade so, aber wir bedauern nun natürlich den Verlust von 2 m Rohr und damit etwas Feldstärkeverlust weil die Antenne nun schlechter über umgebende Gebäude "hinwegschaut".
Deshalb nun als letzten Schritt folgende Aufgabe:

Rohrauswahl nach Antennenhöhe


Wie muss das Rohr beschaffen sein, damit die gewünschten 5 m freie Länge erreicht werden ? Hier zeigt sich wieder der Vorteil der Tabellenkalkulation, denn durch Verändern einiger weniger Werte gelangt man automatisch zu neuen Ergebnissen.
Wenn ein sehr guter Stahl gewählt wird, z. B. St52-2, ergibt sich bei gleichen Rohrabmessungen eine maximale Antennenhöhe von 4 m.
Weil aber 5 m erreicht werden sollen, muss der Rohrdurchmesser vergrößert werden.
Ein Stahlrohr St37-2 mit 63 mm Außendurchmesser und 3 mm Wandstärke liegt mit 204 N/mm2 Gesamtbiegespannung unter der zulässigen von 218N/mm2 und erfüllt somit die Forderungen. Das können wir akso nehmen.   weiter>